Schnorchelexkursion ADRIA Eine Anleitung zum Eintauchen und Entdecken
(Fotos, Grafiken und Texte: Gerwin Gretschel)

Das Ökosystem Adria

Landschaft

Die Adria - unser „Hausmeer“ - ist ein Nebenmeer des europäischen Mittelmeeres. Sie reicht im Norden
tief bis in die kontinentale Masse Europas und ist damit dem strengen Witterungsspiel der Landmassen
stärker ausgesetzt als der restliche mediterrane Bereich. Schon auf der Landkarte kann man die deutlichen
Unterschiede der Küstenlandschaft im Osten und im Westen erkennen. Die italienische Ostküste erscheint
als eine glatte Linie während die Westküste von Albanien bis Kroatien wild zerklüftet und durch viele vor-
gelagerte Inseln fragmentiert ist. Dieser Umstand ist in tektonischen Bewegungen der Plattensysteme der
Erdkruste und in der Art der Sedimentfracht begründet, die aus dem Hinterland an die Meeresküsten gelangt.
Hebungen im Westen fördern die feineren Sedimente der Meeresböden an die Wasserlinie und lassen eine
sandige Ausgleichsküste entstehen. Senkungen im Osten lassen die Berglandschaft gleichsam im Meer
versinken. Vor der schroffen, felsigen Küste liegen Inseln als ehemalige Berggipfel und die Wasserstraßen
dazwischen sind geflutete Trogtäler, die in der Eiszeit vor mehr als 10.000 Jahren von Gletschern geformt
wurden. Damals wuchsen in der Nordadria nordische Nadelwälder und Wollnashörner und Mammuts weideten
dort wo heute Schwärme von Sardinen durch das Wasser ziehen. An der Westküste der Adria münden große
Flüsse und transportieren viel Sediment ins Meer, das durch die unermüdlichen Mühlen der Brandungswellen
zu Sanden und noch viel kleineren Teilchen zermalen werden. Die feineren Fraktionen bleiben länger in
Schwebe und sinken erst weiter draussen im Meer zu Boden. Daher sind alle Meeresböden fernab der Küsten
von Silt und Ton bedeckt. An der Ostküste münden vor allem im Norden kaum Flüsse. Die Sedimente an den
Küsten stammen daher vor allem vom Gestein der felsigen Gestade, dass unterstützt durch Bohrtätigkeit von
Bohrmuscheln, Bohrschwämmen und Cyanobakterien und Weidetätigkeit von Napfschnecken und Strand-
schnecken, an der Wasserlinie durch die Wellenbrandung erodiert wird. Es finden sich auf den seichten
Sedimentböden zahlreiche Bruchstücke von Muschel- Schnecken- und anderen Kalkschalen, die durch die
geringe Sedmentation nicht so schnell verdeckt werden. Dieser besondere Boden wird in diesem Bereich
als Schill bezeichnet.

Lebensräume

Die felsige Küste ist für eine Schnorchelexkursion weitaus spannender als Sandböden. Daher wird das
Augenmerk in diesem Bericht auf die stark bewachsenen und hochdiversen Hartböden der Adria gerichtet.
In Abbildung 1 sind die markanten Lebensräume schematisch dargestellt, die an einer mäßig geneigten
Felsküste anzutreffen sind. Bei stärkerer Neigung an weit vorspringenden Klippen bleibt weniger Sediment
liegen und die Feinsedimentböden der Schelfebene beginnen erst ab einigen dutzend Metern. Entsprechend
sind in dieser Tiefe meist keine Seegräser mehr zu finden da im Jahresmittel zu wenig Licht für die Photo-
synthese zur Verfügung steht. Bei flacher geneigten Küstenabschnitten, wie man sie üblicherweise in Meeres-
buchten finden kann, liegt bereits im seichten Wasser und bis an den Strand Kies und grobes Geröll. Wir
treffen dort bereits in wenigen Metern Tiefe auf feinere Sedimente, die von Seegräsern bewachsen sind.

Abb.1.: Die Lebensräume der Felsküsten

Der felsige Strand über der Hochwasserlinie liegt im Wellenschlag- oder Spritzwasserbereich des Supralitorals. Er eignet sich wunderbar für spannende Exkursionen zu Fuß. Die charakteristische graue bis braunschwarze Färbung des Kalkgesteins in Nähe zur Wasserlinie wird durch das Vorhandensein von im Gestein chemisch bohrenden (endolithischen) Cyanobakterien verursacht. In winzigen Poren, die kaum tiefer als 1mm in den Fels reichen, hält sich besser die Feuchtigkeit. Die Cyanobakterien leben quasi nur von Licht, Luft und Wasser. Sie haben die seltene Fähigkeit den Luftstickstoff, der in der extrem stabilen N2-Form vorliegt, zu spalten und sodann für dem Aufbau von Körpersubstanz zu nutzen. Damit stehen sie an der Basis der Nahrungskette und sind am Strand auch die Nahrungsgrundlage für die meisten anderen Organismen, die hier anzutreffen sind. In erster Linie sind das diverse Meeresschnecken mit Gehäuse (Gattungen: Littorina, Patella, Monodonta), die mit ihrer stark mineralisierten Radula das oberflächliche Gestein mitsamt der Cyanobakterien abraspeln und damit stark zur Zerklüftung und Erosion der Küste beitragen. Im übrigen ist der Felsstrand eine wüstenartige Zone in der die raschen Wechsel der Extreme zwischen Hitze und Abkühlung, Feuchtigkeit und Trockenheit und Süß- und Salzwasser so heftig sind dass nur eine Hand voll Lebewesen es schafft sich dauerhaft hier anzusiedeln. Aufregend wird jedoch ein Blick in die Felstümpel (Rockpools), die nahe der Wasserlinie liegen und vielleicht sogar so nahe, dass sie während der Flut mit dem Meer in Verbindung stehen (Gezeitentümpel). Dort beginnt eine Vielfalt an Leben, die den wahren Reigen an Meeresgeschöpfen unter der Wasserlinie nur erahnen lässt.

Unter der Niedrigwasserlinie beginnt der ständig untergetauchte Meeresbereich des Sublitorals. Der anstehende Fels (primärer Hartboden) und Felsstücke, die durch ihre Größe oder ihre geschützte Lage lang genug in einer Position liegen bleiben, werden in den lichtdurchfluteten Bereichen vor allem von Meeresalgen bewachsen. Diese besitzen derbe Haftorgane und nehmen Nährstoffe meist über ihren gesamten Vegetationskörper (Thallus) auf. Mehrjährige Algen haben überdauernde (persistierende) Thallusabschnitte (Hauptstämmchen oder Haftscheiben) in denen die Nährstoffe während den Ruhephasen in den lichtschwachen Wintermonaten zwischengespeichert werden. Saisonale Algen sind die Vagabunden unter den Meerespflanzen. Sie erscheinen oft nur für wenige Wochen und wachsen auch auf weniger stabilen Untergründen, ja sogar auf den derberen größeren Verwandten. Ein solches Pflanzendickicht bietet durch die Vielzahl an Wuchsformen einen räumlich sehr hoch strukturierten Lebensraum, das sogenannte Algenphytal, das eine Unmenge an Kleinfauna beherbergt. Kleine Krebse, Stachelhäuter, Weichtiere und Vertreter aus beinahe allen marinen Tierstämmen leben hier und ernähren sich entweder von im Wasser suspendierten organischen Partikeln (Suspensionsfresser) oder von Partikeln, die sich im Geflecht der Pflanzen fangen und dort akkumulieren (Depositfresser). Andere beweiden lebende Pflanzen (herbivore) oder fressen lebende Tiere (carnivore). Ähnlich verhält es sich in den Seegraswiesen der Sedimentböden. Deshalb sind die Pflanzenlebensräume (allgemein als Phytal bezeichnet) hochdiverse Biotope, die nicht nur viele kleine Spezialisten beherbergen sondern für die in der Nahrungskette weiter oben folgenden größeren Konsumenten oft sichere Kinderstube, Versteckmöglichkeit und Nahrungslieferant bedeuten. Die meisten Fische wachsen entweder mit den Pflanzen auf oder verbringen dort ihr ganzes Leben (Abb 2).

Abb. 2.: Der gestreifte Schleimfisch Parablennius gattorugine zwischen Braun- und Grünalgen

Seegräser gehören neben den Algen zur zweiten großen Pflanzengruppe des Meeres. Sie sind Gefäßpflanzen und besitzen Wurzelsysteme mit Rhizomen, da sie von Landpflanzen abstammen. Mit der Errungenschaft dieser Systeme, die an Land notwendig sind, um Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen und dann über die Gefäße in alle Bereiche der Pflanze zu transportieren, konnten die Seegräser die feinkörnigen Sedimentböden der Meere für sich in Anspruch nehmen. Die Wurzeln ermöglichen nicht nur eine gute Verankerung in diesem Substrat sondern auch die Aufnahme der gelösten Nährstoffe (vor allem Phosphate), deren Konzentration im Porensystem zwischen den Sandkörner wesentlich höhe ist als im umgebenden Wasser. Ein ernstes Problem, dass es an Land aber nicht gibt, mussten diese Pflanzen erst überwinden lernen. Sie werden, so wie alles, was eine gewisse Stabilität besitzt, gnadenlos nicht nur von anderen Pflanzen sondern auch von sesshaften Tieren, den sogenannten Sedentariern, bewachsen. Die Lösung ist das „Förderbandwachstum“. Das teilungsfähige Zellgewebe (Meristem) der Seegräser liegt an der Basis der Blätter. Sie wachsen also von unten nach oben und schieben den gesamten Aufwuchs wie auf einem Förderband in Richtung zum apikalen Teil der Pflanze. Dort verrottet das Blatt und wird mitsamt den Trittbrettfahrern von den Wellen ständig aberodiert. 

Foto unten: Posidonia-Seegrasblätter mit Hydroiden-Aufwuchs


An stärker geneigten, felsigen Böden ist selbst im seichten Meer der Lichtverlust so groß, dass sich nur schattenliebende Algen (sciaphile Algen) und diverse sesshafte Tiere dauerhaft ansiedeln können. Hier findet man zum Beispiel Schwämme (Porifera) und Stöckchen von Moostierchen (Bryozoa). Kalkröhrenwürmer (Polychaeta) und Wurmschnecken (Gastropoda) können hier ebenfalls ohne Raumkonkurrenzdruck durch schnellwüchsige Algen ihre Kalkröhren am Substrat ausbreiten. Es bilden sich durch ständiges Übereinanderwachsen kalkige Riffstrukturen biogenen Ursprungs, sogenannte Bioherme. Nur die obersten Zentimeter des Riffs sind belebt. Die Kalkmasse im Untergrund kann über hunderte von Jahren mehrere Meter Dicke erreichen. Das Jahreswachstum beträgt aber nur wenige Millimeter. Den Hauptanteil an der Kalkmasse, die sekundär stark durch bohrende Organismen durchlöchert wird, bilden die Kalkrotalgen (Corallinacea). Diese Bioherme nennt man Coralligéne oder Korallinenböden. Selbst auf tiefen Sedimentböden, die wegen ihrer Tiefe kaum durch Wellenbewegung umgewälzt werden, können sich Coralligéne-Strukturen bilden und ausbreiten. Solche, durch kalkabscheidende Aufwuchsorganismen verfestigte Sedimentböden, werden auch als sekundäre Hartböden bezeichnet.

Bei Blockgrund handelt es sich um Gesteinsblöcke, die entweder auf Grund ihrer Tiefe oder ihrer wellengeschützten Lage, sehr lange Liegezeiten aufweisen. Dadurch sind die Blöcke eher kantig und stark bewachsen (siehe Abb 1). In weiterer Folge können die Blöcke durch tierischen Aufwuchs (Schwämme, Kalkröhrenwürmer, Moostierchen) und pflanzlichen Aufwuchs (Kalkrotalgen) regelrecht miteinander verkittet werden. Dadurch erlangt das Blockfeld eine noch höhere Stabilität und es kann sich ein dauerhaftes Lücken- und Spaltensystem bilden, das einer unglaublichen Vielfalt an beweglichen und sesshaften Tieren verschiedener Größenordnungen als Lebensraum dient. Dieser stabile Hartboden beherbergt auch eine große Zahl an bohrenden Organismen (primäres Endolithion), die das Gestein durchlöchern und nach ihrem Ableben ein weiteres Lückensystem für andere Bewohner (sekundäres Endolithion) hinterlassen.

Foto unten: Mit Nierenschwämmen bewachsener Blockgrund - Darüber ein Schwarm Mönchsfische


Die tieferen Böden werden von feinen Sedimenten bedeckt. Ihre Oberfläche ist vor allem durch tierische Grabtätigkeiten (Bioturbation) geprägt. Da das Sediment kaum durch Wasserbewegung umgelagert wird, können diverse Tiere (z.B. Muscheln, Maulwurfskrebse) röhrenartige Grabbauten anlegen (siehe Abb.1) deren Wände oft durch schleimartige Substanzen verfestigt werden. Die feinsten Sedimente findet man fernab der Küsten in Tiefen ab 30m. Sie besitzen kaum noch ein Lückensystem mit Porenwasser. Bereits nach wenigen Zentimetern Tiefe ist das Sediment anoxisch. Bewegliche Tiere kriechen oder schwimmen mehr über den Boden als sich darin einzugraben. Grabbauten sind kaum mehr vorhanden. Es bilden sich oft massige Konglomerate aus sesshaften, kalkabscheidenden Tieren (Moostierchen, Röhrenwürmer, Austern etc.) auf denen viele weitere Sedentarier Platz finden. Diese Ansammlungen von sesshaften Tieren leben ausschließlich von organischem Material, dass fast ausschließlich in oberen Wasserschichten gebildet wird und auf die tieferen Böden herabrieselt. Pflanzen können bis auf diverse Einzeller in dieser Tiefe kaum existieren.

Algen statt Korallen

Die Adria ist ein Meer der verborgenen Kostbarkeiten. Sie geizt mit ihren Reizen. Hat man sich aber einmal verliebt, dann lässt einen das Abenteuer nicht mehr los. Nach einer 14tägigen Tauchsafari am roten Meer habe ich mich wieder richtig auf meine Geliebte gefreut, die zu Hause auf mich wartet – die Adria. Keine Korallenriffe – Nein – Stattdessen gibt es Algenwälder, Seegraswiesen, schroffe Felsen, mächtige Klippen, ausgedehnte Blockfelder und spannende Meereshöhlen (Abb.3). Der jahreszeitliche Temperaturumschwung im Mittelmeer, ein Meer im subtropisch, gemäßigten Klimagürtel, führt zum ständigen Auf- und Abbau einer thermischen Sprungschichte im Wasserkörper des Meeres. Das führt wiederum dazu, dass über das Winterhalbjahr die Wassermassen bis in die tiefsten Tiefen durchmischt werden und gelöste Nährstoffe aus bodennahen Wasserschichten in seichtere Bereiche gelangen können. Das ist die Nahrung der Pflanzen. Ausgedehnte Algenwälder und Seegraswiesen können gedeihen. Die Produktivität solcher Gewässer ist hoch und Plankton kann besser gedeihen. Das Wasser ist daher nicht so kristallklar wie in tropischen Meeren. Korallenriffe können hier nicht wachsen, weil sie konstantere Temperaturen benötigen und den Konkurrenzdruck durch die Pflanzen nicht ertragen würden. In tropischen Meeren bildet sich in ca. 200m Tiefe eine dauerhafte thermische Sprungschichte, die eine Durchmischung des gesamten Wasserkörpers und somit eine Nährstoffzufuhr in oberflächennahe Bereiche behindert.

Abb.3.: Algenbewuchs auf Felsboden der Adria (links) – Korallenriff am roten Meer (rechts)

In der Adria gibt es nicht so viele Riesenformen an Tieren wie in einem thermostabilen, tropischen Meer. Die Vielfalt ist trotzdem da und übertrifft sogar in vielen Lebensräumen die Vielfalt eines tropischen Meeres. Die Organismen der Küstenlebensgemeinschaften einer von Pflanzen dominierten Unterwasserwelt sind eben meistens an Pflanzen angepasst, also nicht so groß und nicht so auffallend bunt wie Korallenfische, die sich an ihr buntes Korallenumfeld angleichen. Für eine Schnorchelexkursion in der Adria muss man daher viel Geduld und Beobachtungsgabe mitbringen. Hat man aber einmal gelernt etwas zu entdecken, dann scheint dieses Etwas plötzlich überall zu sein.

Foto unten: Auch in der Adria gibt es kleine Stöckchen von Steinkorallen - Hier eine Rasenkoralle, die aber maximal Fußballgroß wird

 

Schnorchelexkursion

Das „ABC“ der Ausrüstung – Tipps & Tricks

Schnorcheln ist nicht nur eines der aufregensten sondern auch eines der preisgünstigsten Abenteuer. Eine gute, sogenannte ABC Ausrüstung besteht nur aus Maske, Schnorchel und Flossen. Bei der Maske sollte man nicht sparen. Sie muss aus weichem Silikon bestehen und so gut am Gesicht sitzen, dass ohne Maskenband, bei angehaltenem Atem und vornüber geneigtem Kopf, die Maske einige Sekunden am Gesicht haftet. Einfache Schnorchel, ohne viele Extras (Ventile, Klappen etc) ersparen technische Pannen. Ich rate ab von fertig abgepackten Komplettsets in denen auch die Flossen schon enthalten sind. Flossen mit geschlossenem Fußteil sind meistens weich und bieten nicht viel Widerstand beim Schwimmen. Das erspart Muskelkrämpfe, führt aber zu weniger Vortrieb und höherer Schlagfrequenz. Offene Flossen mit Spannriemen hinter der Ferse benötigen zusätzlich Neoprenfüßlinge. Diese Variante wird meist von Gerätetauchern verwendet ist aber auch zum Schnorcheln hervorragend geeignet sofern die Flossen nicht zu steif sind. Mit Neoprenschuhen an den Füßen und den Flossen in der Hand lässt sich die schroffe Küste beim Ein- und Ausstieg leichter und ohne Verletzungen überwinden. Schnorchler mit viel Erfahrung werden irgendwann eine faszinierende, sportliche Komponente entdecken – das Apnoetauchen. Apnoisten verwenden lange Flossen, spezielle Neoprenanzüge, Bleigurt und Masken mit geringem Luftvolumen. Diese Ausrüstung ist dafür optimiert dass der Apnoist oder die Apnoistin mit einem einzigen Atemzug an der Wasseroberfläche und mit viel meditativer Ausdauer möglichst lange unter Wasser bleiben kann. Diesen Sport mit dem Entdecken der belebten Unterwasserwelt zu verbinden ist eines der bezaubernsten Abenteuer dieser Welt (Abb. 4).

Abb.4: Apnoetauchen – Eines der faszinierendsten Abenteuer dieser Welt

Typische Probleme mit der Ausrüstung sind das Beschlagen der Maske und Wasser in Schnorchel und Maske. Ersteres lässt sich trotz im Handel angebotener Antifogsubstanzen am besten mit dem eigenen Speichel beseitigen. Die Maske muss dabei noch trocken und die Finger frei von Sonnencreme sein. Der Speichel wird sorgfältig innen am Glas verrieben. Danach die Maske kurz im Wasser schwenken und sofort zum Gebrauch aufsetzen. Der unsichtbare Speichelfilm sollte nicht eintrocknen. Haare unter dem Maskenrand beseitigen. Bei erhitztem Gesicht hilft ein kühlender Spritzer mit Meereswasser damit das Gesicht unter der Maske nicht dampft. Das Maskenband sollte unbedingt am Hinterkopf und niemals im Nacken sitzen. Dadurch dichtet die Maske besser. Der Schnorchel soll in aufrechter Kopfposition schräg nach hinten zeigen und niemals nach oben oder vorne geneigt sein, es sei denn man will das Meereswasser wie mit einem Strohalm trinken. Ein häufiger Grund für das Eindringen von Wasser in die Maske ist vor allem bei Beginnern das Ausatmen durch die Nase. Dadurch hebt sich der Maskenrand leicht und es sickert ständig Wasser in die Maske.

Achtung Gefahr – Wir sind keine Geschöpfe des Meeres

Trotz aller Einfachheit ist man beim Schnorcheln vieler Gefahren ausgesetzt. Schon im Vorfeld ist eine Überhitzung und Dehydrierung des Körpers zu vermeiden. Das kann zu Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit und Kreislaufproblemen führen. Bedenke, dass bereits außerhalb des Wassers Schwindel oder kurze Blackouts beim Heruntersteigen über scharfkantige Felsen im Falle eines Sturzes zu lebensgefährlichen Verletzungen führen können. Ebenso verhält es sich beim Kopfsprung an Küstenabschnitten, die man zuvor noch nicht beschnorchelt hat. Ein Partner beim Schnorcheln ist die NUMMER-EINS-REGEL. Mache niemals alleine einen Schnorchelausflug. In unzähligen Situationen könntest du Hilfe benötigen. Und sei es nur bei einem plötzlichen Wadenkrampf im Wasser.

Abb.5: Bizarre Felsküsten – Schönheit und Gefahr

Selbst wenn man sich den Abstieg über scharfkantige Felsen sparen kann wird man jedoch bald daran vorbeischnorcheln wollen. Hüte dich vor Brandungshohlkehlen und überhängenden Felsen (Abb.5). Wenn du an der Felswand entlang ein Stück abtauchen solltest dann schwimme beim Auftauchen immer von der Wand weg und strecke eine Hand über den Kopf. Entferne dich ohne Sicherheitsboje (aufblasbare rotweiße Boje) nicht weit von der Küste. Vorbeifahrende Boote könnten dich leicht übersehen. Große Schiffe, die weitab vor der Küste kreuzen können viele Minuten später zu plötzlichen und starken Wellen führen. Unterschätze daher auch bei ruhiger See niemals die scharfen Felsen. Wenn du den prächtigen Bewuchs an den Felsen bewunderst, dann halte mit den Händen vor deinem Kopf immer genügend Distanz.

Ab in die Tiefe

Die Königsdiziplin beim Schnorcheln ist das richtige Abtauchen, um ein wenig in die Tiefe vorzudringen. Der Wasserdruck wird sehr bald auf das Trommelfell drücken und zu Schmerzen führen. Beim sogenannten Druckausgleich musst du schon bevor die Schmerzen eintreten, die Nasenflügel mit der Hand verschliessen. Beim Versuch des Ausatmens durch die Nase erhöht sich der Luftdruck im Mittelohr. Mache dieses Manöver genau so lange und behutsam bis der Druck im Ohr nachlässt. Mindestens alle 2 Meter, die du an Tiefe gewinnst musst du diese Prozedur wiederholen. Beim Auftauchen ist nichts zu beachten, außer dass du mit deiner Restluft in der Lunge an der Wasseroberfläche das Wasser aus dem Schnorchel bläst. Schon bei einer leichten Verkühlung wird der Druckausgleich nicht funktionieren. In diesem Fall darfst du nicht abtauchen. Ein genialer Trick hilft dir das Wasser schon während des Auftauchens aus dem Schnorchel zu befördern. Wenn du ca 1m unter der Oberfläche bist dann lege den Kopf in den Nacken, schau nach oben und beginne langsam durch den Schnorchel auszuatmen. Setze das solange fort bis du die Wasseroberfläche durchstoßt. Der Schnorchel ist damit ohne mühsames Auspusten frei von Wasser. Beim Abtauchen musst du unbedingt bereits an der Wasseroberfläche kopfüber eine senkrechte Position einnehmen und die Beine so weit als möglich beherzt aus dem Wasser strecken. Das Gewicht der Beine außerhalb des Wassers wird dich nach unten drücken. Mit dem Flossenschlag beginne erst wenn die Füße unter Wasser sind. Die Arme können das Ganze mit einer kräftigen Ruderbewegung unterstützen. Nur so kannst du ohne Kraftanstrengung an Tiefe gewinnen. Das erfordert viel Übung. Am Anfang hilft es einige Purzelbäume im Wasser zu schlagen, um sich mit der ungewohnten Kopfüber-Position vertraut zu machen.

 

 

Technische Spielereien

Zur technischen Grundausstattung bei Schnorchelexpeditionen in der Adria gehört eine Taucherlampe. Sie wird dir nicht nur die bezaubernde Unterwasserwelt beim Nachtschnorcheln zugänglich machen sondern besonders am Tage kannst du damit in jede kleine Felsspalte oder Nische leuchten und dabei die Wunderwelt der bunten, sesshaften Tiere (Schwämme, Moostierchen, Seescheiden, etc.) entdecken. Diese schattenliebenden Tiere kannst du ohne künstliches Licht entweder gar nicht oder nur als blaugrüne Silhouetten erkennen. Leider sind Tauchlampen nicht gerade preisgünstig. In den letzten Jahren hat sich die LED-Technik etabliert. LED-Lampen haben mittlerweile eine sehr starke Leuchtkraft, entwickeln kaum Hitze, sind dadurch auch außerhalb des Wassers einsetzbar, und benötigen nicht viel Strom. Du bekommst eine brauchbare Lampe schon ab 30 bis 70 Euro. Reinige und fette die Dichtungsringe bei jedem Batteriewechsel. Sandkörnchen oder Haare in der Dichtung können deine geliebte Lampe in wenigen Sekunden fluten. Die Schäden sind meistens irreparabel. Das selbe gilt übrigens auch für Unterwasserfotoapparate. Das schmerzt allerdings noch deutlich mehr. Benutze zum Entfernen der Dichtungen niemals einen scharfen Gegenstand. Eine Scheckkarte hat sich dabei sehr bewehrt (oder die Klubkarte von deinem Lieblingsbaumarkt). Zum Putzen der Dichtungen benutze am besten ein Brillenreinigungstuch. Zum Fetten besorge dir ein O-Ringfett. Der Dichtring soll nach dem Einfetten nur glänzen und sich dadurch in der Dichtungsnut frei bewegen können. Zuviel Fett kann das Gerät sogar undicht machen. Ein weitere tolle Sache ist eine Unterwasserschreibtafel, die du am Arm befestigen und mit Bleistift beschriften kannst (siehe Abb.6). Dieses nützliche Exkursionszubehör erhältst du in jedem Tauchshop um wenige Euros.

 

Abb. 6: Deine ständigen Begleiter: Ein Schnorchelpartner, eine Lampe und eine Unterwasserschreibtafel Viel Spaß beim Entdecken der Meeresgrotten

Unter Wasser fotografieren

Wenn dein Budget es zulässt wirst du eine sehr große Freude mit einem Unterwasser -Fotoapparat haben. Harpunierern rate ich, die Harpune durch einen Fotoapparat zu ersetzen. Es ist genauso aufregend und herausfordernd, einen Fisch anstatt mit einer Harpune zu erlegen mit einem Fotoapparat zu „schießen“. Das Handhaben einer Kamera im Wasser zwingt dich zur Körperdisziplin und ruhiger Atmung. Dadurch wirst du ganz von alleine zum Apnoeprofi. Die kostengünstigste Variante ist eine wasserdichte, digitale Kompaktkamera. Sie ist außerdem auch staubdicht und meistens sehr schlagfest. Der Vorteil ist, dass diese Geräte auch im Schiurlaub, Schwimmbad oder beim Actionurlaub gute Dienste leisten. Unbrauchbar sind aber jene Varianten, die nur 3-5m wasserdicht sind. Die Toleranz, was die Tiefe betrifft, ist dabei sehr gering und sehr schnell überschritten was zum Eindringen von Wasser führt. Brauchbar sind Geräte, die mindestens bis 10m Tiefe dicht sind. Solche Fotoapparate sind ab 250 Euro erhältlich. Grundsätzlich gilt für alle wasserdichten, technischen Geräte, dass sie nach dem Schnorchelausflug für 10-15min in Süßwasser gelegt werden sollen damit Salzreste restlos entweichen. Die bessere aber teurere Variante ist eine digitale Kompaktkamera mit extra Unterwassergehäuse. Gute Kameras sind ab 250 Euro erhältlich. Das passende Gehäuse kostet aber nochmal etwa 250 Euro. Vorteile sind bessere Bildqualität und der Besitz einer guten Hobbykamera, die auch ohne Gehäuse hervorragende Dienste leistet. Diese separaten Unterwasser-Gehäuse sind meistens wasserdicht bis über 40m Tiefe. Sie sind also auch für Gerätetaucher brauchbar. Nachteile sind eine kompliziertere Handhabung und Wartung und die hohe Spezifität des Unterwassergehäuses. Es passt in ein Gehäuse nur genau ein Kameramodell. Bei Verlust oder Beschädigung der Kamera gibt es oft nur mehr neuere Modelle im Handel, die dann aber nicht mehr ins Gehäuse passen.

Beobachten, sammeln und dokumentieren

Als „Schätzer“ und „Schützer“ unserer schönen Umwelt möchte ich am Anfang dieses Artikels ganz dringend an alle LeserInnen appellieren: Bitte kein Gemetzel in den „Gärten des Poseidon“! Bewachsene Steine, solltet ihr sie kurzzeitig ent- oder umwenden, bitte wieder genau an den selben Platz zurücklegen, wo ihr sie gefunden habt. Ihr vernichtet sonst ein kleines Ökosystem. Pflanzen bitte nur sehr sparsam sammeln. Gesammelte Organismen niemals Temperaturschwankungen aussetzen und sie so bald wie möglich wieder zurück ins Meer bringen. Keine Massensektionen, um die guten alten Studienzeiten wieder aufleben zu lassen. Gehen wir mit gutem Vorbild voran und zeigen wir unsere Bewunderung und Achtung vor dem Leben und der Natur. Sammeln und wissenschaftliches Dokumentieren ist im Ausland eine sehr heikle Angelegenheit.Vergiss niemals, dass du unter Umständen mit dem Gesetz des Landes in Konflikt kommen könntest. Erkundige dich über deine Rechte bei solchen Aktivitäten. Ich empfehle, dass du immer mit einer ansässigen Organisation zusammen arbeitest oder sie zumindest informierst über deine Aktivitäten damit du im Falle eines Konfliktes dich darauf berufen kannst. Verhalte dich auf jeden Fall nicht auffällig oder provokant vor der einheimischen Bevölkerung. Allzuleicht kannst du damit als Gast des Landes negative Reaktionen erzeugen.

Zum Handsammeln von diversen Proben und Organismen verwende am besten einen groben Netzbeutel (erhältlich in Tauchshops). Kleinere Tiere, Pflanzenproben oder Bodenproben kannst du in Marmeladegläsern transportieren. Die Gläser selbst lassen sich auch sehr gut im Netzbeutel mitführen. Ein kleiner Handkescher aus dem Aquarienzubehör ist immer hilfreich. Diese Kescher haben jedoch eine heikle Schwachstelle. Das feine Netz an der Vorderkante des Netzbügels zerreißt leicht. Man kann mit einem Plastikschlauch (Luftschlauch aus dem Aquarienzubehör) leicht Abhilfe schaffen, indem man ihn der Länge nach aufschneidet, um den Netzbügel legt und mit Kabelbinder fixiert. Am Netzbügel des Keschers befestige ich seitlich immer einen ganz feinen Kabelbinder dessen abstehendes Ende ich nicht abschneide. Er leistet hervorragende Dienste beim herauskitzeln von kleinen Krebschen oder Fischchen aus Spalten und Bohrmuschellöchern. Gehe dabei aber behutsam vor. Wenn man es geschickt anstellt schwimmt das Tierchen sogleich auch in den Kescher. Ich nehme meist eine kleine Schere mit auf die Schnorchelexkursion. Damit lassen sich besonders zarte Pflanzen, Hydroidenstöckchen oder Seegrasblätter mit Aufwuchs abschneiden. Eine Plastiktüte (Gefrierbeutel ca. 5l Inhalt) ist ebenfalls sehr praktisch. Im Küchenzubehör findest du Plastikklemmen mit denen man die Säckchen leicht und schnell verschließen und wieder öffnen kann. Zum Fangen von Garnelen habe ich eine selbstgebastelte Reuse entwickelt. Verwende dazu eine 1,5l PET-Flasche, die du wie in Abb. 7 gezeigt aufschneidest. Den oberen Teil kannst du dann verkehrt in den unteren Teil stecken und mit Heftklammern fixieren. Lege ein paar Kiesel als Gewicht in die Flasche und bestücke sie mit ein wenig Köder (altes Brot und Speisereste). Mache seitlich ein paar kleine Löcher in die Flasche. Verwende nicht zu viel Köder, da sonst schnell Sauerstoffknappheit entsteht und die geköderten Tiere ersticken. Die besten Erfolge erzielst du wenn du die Garnelenreuse über Nacht zwischen Brandungsblöcken versenkst. Das sind große Betonblöcke die an Hafenanlagen oder vor Uferpromenaden deponiert werden damit die Wellen brechen.

Abb. 7.: Garnelenreuse zum selber basteln

Das Beobachten und Fotografieren von Kleintieren und Meerespflanzen ist im Meer genauso schwierig wie in einer Plastikschale an Land. Ich verwende seit vielen Jahren eine selbstgebastelte Fotoküvette mit der ich großartige Ergebnisse erziele (siehe Abb. 8). Es erfordert allerdings etwas Geschick das max. 2mm dicke Fensterglas mit der Hand zu schneiden und dann mit Sanitärsilikon zu verkleben.

Abb. 8.: Selbst hergestellte Fotoküvette

Die Kleinfauna in Seegraswiesen ist faszinierend vielfältig, entzieht sich aber unseren Blicken gänzlich. Die meisten Tiere sind sehr klein und vor allem so perfekt getarnt, dass man keine Chance hat, sie beim Schnorcheln zu entdecken. Eine Seegrasdredge ist ein Fangkorb, den man mit Schrittgeschwindigkeit über die Wiese ziehen kann. Dutzende Kleinkrebse aber auch Seenadeln (Fische) und diverse kleine Bodenfische finden sich in der Dredgeprobe. Als Netz eignet sich am besten ein Wäschebeutel, der zum Waschen von Feinwäsche in Waschmaschinen verwendet wird. Die Maschenweite passt, das Netz ist reißfest und der Beutel lässt sich mit einer Kordel zuziehen und öffnen (siehe Abb.9). Der Bau der Dredge ist allerdings eine echte Herausforderung für den Hobbybastler. Eine LKW-Plane an einer Seite des Netzes hat sich bestens bewährt damit der Netzbeutel nicht reißt wenn er über scharfe Bodenstrukturen gezogen wird. Suche den Pfad mit Sorgfalt aus über den du die Dredge ziehen willst. Es sollen keine groben Gegenstände im Weg liegen und keine Steckmuscheln (Abb. 9). Diese Muscheln dürfen auf keinen Fall aus dem Boden gerissen werden. Sie stehen unter Naturschutz und können sich von selbst nicht mehr im Boden verankern.

Abb. 9.: Selbstgebaute Seegrasdredge (links). Achte auf Steckmuscheln (rechts)

Auf Entdeckungsreise

Erster Kontakt

Begeben wir uns nun gemeinsam auf die Suche nach ein paar spannenden Geschichten, die uns das Meer erzählt. Wir nutzen dabei die eben erlernten Tipps und Tricks und verwenden die vorgestellten Gerätschaften für unsere Erkundungen. Wir steigen mit unseren Neoprenfüßlingen vorsichtig über die schroffe Brandungsplattform einer Felsküste und nähern uns der Wasserlinie. Ein herrlich, harziger Duft der Allepokiefern, ein ohrenbeteubendes Schnarren der Zikaden, in der linken Hand den präparierten Kescher und die Flossen, an der rechten Hand baumelt unser UW-Fotoapparat und die UW-Lampe. Vielleicht etwas zu viel für den Anfang aber wir wollen schließlich nichts verpassen. Vorbei an einem üppig mit Braunalgen bewachsenen Gezeitentümpel. Eine kleine Krabbe sitzt knapp über der Wasserlinie und verschwindet blitzschnell in einem bewachsenen Spalt im Tümpel. Das kann nur Pachygrapsus marmoratus, die Strandkrabbe, sein. Sie ist die einzige, die hier an der Adria über die Wasserlinie steigt. Sie weidet im Gezeitenbereich den filzartigen Algenbewuchs ab, freut sich aber auch über ein Stückchen Brot, das man ihr als Gastgeschenk anbieten kann. Es gelingt uns ein tolles Foto (siehe Abb.10)

Abb.10.: Pachygrapsus marmoratus, die sehr scheue Strandkrabbe

Mit etwas Geduld und mit dem Stiel unseres Keschers können wir die Krabbe aus ihrem Felsspalt direkt in unsere Hand treiben. Keine Angst, ihre Scheren sind harmlos. Unter ihrem nach vorne umgeklappten Hinterlaib (Pleon) entdecken wir ein pulsierendes, gelbes, sackartiges Gebilde mit einer deutlichen Öffnung. Es könnte ihr Gelege sein, das sie ebenfalls unter dem Pleon trägt. Das wären aber viele kleine, kugelige, dunkel gefärbte Eier. Nein, dieser Krebs „hat“ Krebs. Das geplagte Tier wird von einem Parasiten heimgesucht, der ihren gesamten Körper bis in die Scherenspitzen tumorartig durchwuchert – Der Krabbenwurzelkrebs Sacculina carcini. Dieses Tier gehört zur Gruppe der Rankenfüßer (Cirripedia). Nur die Weibchen parasitieren auf die erwähnte Art ihre Wirtskrabbe. Sie ernähren sich dabei von Nährstoffen aus der Mitteldarmdrüse der Krabbe. Nach ca. 7 Monaten bricht dieser gelbe Sack durch das Pleon des Wirtes. Dabei handelt es sich um den Brutraum des Wurzelkrebses. Männliche, planktontische Larven, gelangen an dieses Organ und reduzieren sich zu extremen Zwergmännchen, die nur aus wenigen Zellen bestehen und sich quasi in den weiblichen Brutraum implantieren. Sie befruchten die Eier in den Ovarien. Die entstehenden Schwebelarven werden im Naupliusstadium entlassen und suchen als sogenannte Cyprislarven wieder einen neuen Wirt (aus Westheide, Rieger 1996). Bei jungen Krabben heften sie sich an eine Borste und dringen über deren Basis in den Körper des Wirtes ein. Dieser sehr atypische Krebs konnte nur auf Grund der Cyprislarve den Crustaceen zugeordnet werden.

Nachdem wir über abertausende Seepocken (Chthamalus sp.), die nächsten Verwandten des Wurzelkrebses, in der oberen Gezeitenzone gestiegen sind, schnorchlen wir entlang der Wasserlinie. Dort, wo die Wellen ständig über den stark strukturierten Fels sprudeln, in dieser „Widersee“ lässt es sich für ein bewegliches Tier nicht gut leben. Diesen Umstand hat sich ein Fisch zunutze gemacht. Der Amphibische Schleimfisch (Coryphoblennius galerita) ist dort perfekt geschützt vor Räubern. Er ist nur wenige Zentimeter klein und farblich perfekt an den Untergrund angepasst. Wenn die Widersee mal über ihn sprudelt und ihn im nächsten Augenblick aber auf dem feuchten Fels an die Luft setzt, dann fühlt sich dieser Schleimfisch erst so richtig wohl. Unsere Augen können unter diesen Bedingungen den kleinen Fisch kaum wahrnehmen. Selbst wenn er ruhig an seinem Platz sitzen bleibt verschwindet er optisch sofort im Spiel der Luftblasen und Turbulenzen. Mit erheblicher Geduld gelingt es uns den Fisch schließlich mit dem Spezialkabelbinder am Kescher (siehe Kap. „beobachten, sammeln, dokumentieren“) aus einer Felsritze zu stöbern und mit einer Plastiktüte zu fangen. Am Strand richten wir unsere Fotoküvette mit ein paar Kieselsteinen und Meerwasser an einem schattigen Platz wie ein kleines Aquarum ein. Erst jetzt können wir das Tier näher von der Seite betrachten und ein großartiges Makrofoto machen (siehe Abb.11).

Abb.11.: Der Amphibische Schleimfisch (Coryphoblennius galerita) in der Fotoküvette

Aber auch hier offenbart sich für unser esthetisches Verständis der Natur wieder eine kleine Tragödie. Der entzückende Schleimfisch wird von einer parasitischen Fischassel (Anilocra physodes) geplagt. Sie sitzt ihm im Nacken und hat ihm mit ihren Mundwerkzeugen schon eine empfindliche Wunde zugefügt. Es ist unmöglich das Tier zu entfernen. Man würde den Fisch dadurch noch stärker verletzen. Soche Krebse aus der Gruppe der Asseln (Isopoda) findet man sehr häufig auch an Lippfischen (Fam. Labridae). Wir finden uns damit ab, dass es sich um den Gang der Natur handelt. Schließlich beherbergen auch wir eine Unmenge an Parasiten. Es erfreut uns, dass wir einige spannende Zusammenhängen entdeckt haben und begeben uns wieder in die salzigen Fluten.

Bezaubernde Begegnungen

Wenige Meter von der Küste entfernt kannst du das richtige Abtauchen üben (siehe Kap. „Ab in die Tiefe“). Du erreichst sehr bald mühelos den Boden in 4 Metern Tiefe. Dort liegt Geröll und eine versunkene Metallboje an der offensichtlich früher ein kleines Boot befestigt war. Die Boje ist gänzlich von krustenartigen Tieren und Pflanzen überwachsen. An einem Ende befindet sich ein Metallhenkel. Dein Brustkorb ist prall mit Luft gefüllt und zieht dich unbarmherzig nach oben. Der bewachsene Henkel kommt dir sehr gelegen. Es wäre verlockend, sich daran festzuhalten, um die Unterwasserwelt zumindest ein paar Sekunden länger beobachten zu können. Plötzlich erschrickst du. An genau der Stelle, wo du dich festhalten wolltest entdeckst du ein perfekt getarntes Seepferdchen, das sich dort mit seinem Greifschwanz eingehakt hat. Du bist höchst erfreut über deine Entdeckung. Nach einem neuen kräftigen Atemzug an der Oberfläche gelingt dir ein unglaublich schönes Foto von diesem Fisch (Abb.12)

 

Abb.12.: Hippocampus guttulatus – Das langschnäuzige Seepferdchen

 

Genau so haben sich schon viele meiner Schnorchelexpeditionen zugetragen. Durch Zufall und Ausdauer entdeckt man wunderschöne Tiere, die perfekt getarnt sind. Selbst in unmittelbarer Nähe zu Badestränden ist so etwas möglich. Mit der Zeit ist immer weniger Zufall beteiligt. Man bekommt einen Spürsinn für solche Kostbarkeiten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist man dieser spannenden Welt unter Wasser ganz verfallen.

Dem Entdecken etwas nachhelfen

Man könnte sich natürlich immer auf den Zufall verlassen. Man kann aber mit einigen Methoden etwas dem Glück des Entdeckens nachhelfen (siehe Kap. „beobachten, sammeln, dokumentieren“). Für das nachfolgende Foto habe ich ein Hilsmittel verwendet. Seenadeln sind Fische aus der Familie der Pfeifenfische (Fam. Syngnathidae). Zu dieser Familie zählen übrigens auch die Seepferdchen. Diese Tiere zeigen eine unglaubliche Mimese in ihrem Lebensraum. Sie sind nicht nur in Farbe und Form an die Seegrasblätter angepasst sondern sie orientieren sich in der Wiese auch noch parallel zu den Blättern (siehe Abb.13).

 

Abb. 13.: Syngnathus typhle – Die Grasnadel

Auf diese Weise sind diese Fische beim Schnorcheln nicht zu entdecken. Ein Hol mit der Seegrasdredge führt jedoch sehr bald zum Erfolg und enttarnt außerdem noch einige andere verblüffende Tiere aus der Seegraswiese. Die Grasnadel in Abb.13 konnte ich mit der Seegrasdredge fangen. Anschließend brachte ich sie wieder behutsam in den Lebensraum. Nach kurzer Zeit nahm sie ihre natürliche Position ein und ich konnte ein Foto mit Seltenheitswert machen.

In der Dredgeprobe wirst du immer wieder etwas Neues entdecken. Massenhaft finden sich darin kleine Krebse aus der Gruppe der Ranzenkrebse (Peracarida) oder vereinzelt andere Kostbarkeiten wie die Zwergaktinie, eine nur wenige Millimeter kleine Seeanemone (Abb.14). Ein Feldbinokular oder mindestens eine starke Einschlaglupe mit 10-facher Vergrößerung sind dabei sehr hilfreich.

Abb.14.: Bunodeopsis strumosa – Die Zwergaktinie lebt auf Seegrasblättern

Licht ins Dunkel

Jetzt wird es Zeit, dass du deine Tauchlampe einsetzt. Besonders an Steilküsten findest du immer wieder Spalten oder Überhänge an den Felswänden. Auch im seichten Wasser sind das Bereiche, die dunkel und farblos erscheinen. Benutze jede Gelegenheit, um Licht in diese Angelegenheit zu bringen und du wirst vom Effekt verblüfft sein (Abb. 15). Bunte Schwämme, Moostierchen, gelbe Krustenanemonen (Abb. 16) und lilafarbene Rotalgen erscheinen im Lichtkegel.

Abb.15.: Eine überhängende Schattenwand im Eingangsbereich einer Höhle – Zum Vergleich einmal mit und einmal ohne Licht
Abb. 16.: Gelbe Krustenanemonen - Parazoanthus axinellae
Besonders an gut beströmten Überhängen, vor allem im Eingangsbereich von Höhlen, findest du kleine Hydroidenstöckchen von wenigen Zentimetern Höhe. Das sind Nesseltiere aus der Gruppe der Hydrozoa, die durch Sprossung feder- oder bäumchenartige Stöckchen bilden. An den Enden der Verzweigungen sitzen die kleinen Polypen. Laien verwechseln diese sesshaften Tiere fast ohne Ausnahme mit Pflanzen da die Polypen nicht viel größer als 2mm sind (Abb. 17 links).
Abb.17.: Bäumchenpolypen – Eudendrium racemosum – im Eingangsbereich einer Höhle (links)
Wanderfadenschnecke – Cratena peregrina - in der Fotoküvette (rechts)

Wenn du erst einmal gelernt hast die Bäumchenpolypen zu finden dann wirst du bald auf eine der begehrtesten Makromotive der Unterwasserfotografen stoßen: Fadenschnecken (Aeolidioidea) aus der Gruppe der Hinterkiemerschnecken (Opisthobranchia). Diese wenige Zentimeter kleinen Weichtiere sind farbenprächtige, räuberische Nahrungsspezialisten. Die Wanderfadenschnecke (Abb 17 rechts) ernährt sich ausschließlich von den Bäumchenpolypen. Sie ist unempfindlich gegenüber den Nesselkapseln (Cniden) ihrer Beute. Unreife Cniden transportiert sie über das Verdauungssystem in die Spitzen ihrer Rückenanhänge (Cerata). Dort reifen sie in körpereigenen Zellen (Cnidophagen) heran und können im Falle einer Bedrohung in Paketen ausgestoßen werden (aus Hofrichter R. 2002). Wenn du ein Polypenstöckchen mit der Schere abschneidest und in deiner Fotoküvette eine Fadenschnecke dazusetzt, kannst du beobachten wie die Schnecke die Polypen vom Stöckchen frisst. Solche Vorgänge lassen sich in der Küvette auch wunderschön filmen.